Die Geschichte des Buchstabens S

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Buchstabe S: Geschichte, Laut-Buchstaben, Lautbilder, Schriften, Zeichen, Info zur LBZ, Info Diagramme


Der Buchstabe S ist der 19. Buchstabe unseres Alphabets. Bei den Griechen hieß dieser Buchstabe Sigma.

Von den Ägyptern bis heute

Der Buchstabe s ist so alt wie das Alphabet und die Schrift. Und wie die meisten Buchstaben, so hat auch dieser einen ganz bildhaften Hintergrund.
So sieht ein Backenzahn aus. B-Herk-S-Zahn-01.jpg
Male den Backenzahn einmal mit nur wenigen Strichen. Dann sieht er vielleicht so aus.
Und nun lass in deiner Zeichnung einmal die obere Hälfte weg, dann ...
B-Herk-S-Zahn-02.jpg
... ja, dann bekommst du ein Bild, dass sehr ähnlich aussieht wie der Backenzahn von den alten Ägyptern gezeichnet wurde.
Bei den Ägyptern hieß das Zeichen sin, was so viel heißt wie Zahn.
B-Herk-S-aegypt-1.jpg
In den Pyramiden und auf großen Steinen haben die Ägypter ihre Bilder zum Teil mit Hammer und Meißel in den Stein geschlagen. Da bekommt man natürlich nur schwer Kurven hin. Also wurde der Zahn noch einfacher. So könnte er ausgesehen haben. B-Herk-S-aegypt-2.jpg
Die Semiten waren Volksgruppen die in Vorderasien und Nordafrika lebten. Eine dieser Volksgruppen waren die Israeliten, die auf der Sinai-Halbinsel lebten. Sie übernahmen einige ägyptischen Bilder und ordneten jedem Zeichen einen Laut zu. So entstand die Buchstabenschrift und das Alphabet. Die Wissenschaftler nennen diese Schrift auch Sinaischrift (oder protosinaitische Schrift). Die Semiten nannten den Buchstaben Schin.
Rechts siehst du einmal eine runde und darunter eine eckige Form dieses Schriftzeichens. In beiden steckt das Bild vom ägyptische Zahn
B-Herk-S-prosinaitisch.jpg B-Herk-S-prosinaitisch-2.jpg
Die Phönizier übernahmen ebenfalls das Zeichen von den Ägyptern. Sie waren ein Seefahrervolk, das im ganzen Mittelmeer zuhause war. Mit ihnen verbreitete sich das Zeichen im ganzen Mittelmeerraum. B-Herk-S-phoenizisch-2.jpg
Mit den Phöniziern kam der Buchstabe auch nach Griechenland. Bei den Griechen änderte sich die Lage des Buchstabens. Wenn du den phönizischen Buchstaben im Uhrzeigersinn weiterdrehst, dann hast du den griechischen Buchstaben. B-Herk-S-griechisch-0.jpg
Die Griechen konnten mit dem Namen Schin nichts anfangen. Sie nannten den Buchstaben sigma. Und so sah der Buchstabe dann bei den Griechen aus: B-Herk-S-griechisch-1.jpg B-Herk-S-griechisch-2.jpg
Damals gab es auch schon Kleinbuchstaben. Für das sigma hatten die Griechen zwei verschiedene Formen, die in der Aussprache etwa unserem stimmhaften s [z] wie in Rose und dem stimmlosen s [s] wie in Wasser entsprachen.

Auch diese beiden Formen wirst du schnell als den unteren Teil und den oberen Teil des Großbuchstabens ausmachen können.

B-Herk-S-griechisch-3kl.jpg B-Herk-S-griechisch-4kl.jpg
Die Römer übernahmen den Buchstaben von den Griechen. Mit der Zeit vereinfachten sie den Buchstaben. Zuerst ließen sie den oberen Haken  und schließlich auch den unteren Querstrich weg. B-Herk-S-roem1c.jpg B-Herk-S-roem2b.jpg
Als dann im Mittelalter mit der Feder geschrieben wurde, entstand unsere heutige Form des Buchstabens. B-Herk-S-roem4.jpg
So ist aus dem ägyptischen Zahn unsere Schlange geworden.

Alte Schriften

Wenn du die Geschichte des Buchstabens kennst, dann wirst du dieses Zeichen auch in vielen alten Schriften wiedererkennen. Dabei darfst du dich nicht von der Lage des Zeichens verwirren lassen. Dreh das Zeichen mal nach links oder rechts und du wirst den Ursprung, den ägyptischen Backenzahn, leicht wiederfinden. Viele alte Schriften sind von der Sinaischrift bzw. den Phöniziern abgeleitet, so z. B.
B-Herk-S-aramäisch.jpg ... verschiedene aramäische Schreibweisen (9. bis 7. Jahrhundert v. Chr.) des Buchstabens Schin ...
B-Herk-S-etruskisch.jpg ... so entwickelte sich das Zeichen bei den Etruskern (7. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) ...
B-Herk-S-samaritisch-1.jpg B-Herk-S-samaritisch-2.jpg ... und das sind alte samaritanische Schriftzeichen (seit ca. 600 v. Chr.)

Hebräisch

Die hebräische Schrift ist wie die arabischen Schriften eine vokallose Schrift. Sie ist vermutlich die älteste heute noch benutzte Schrift.
B-Herk-S-hebräisch-alt.jpg Der Buchstabe Schin sah in der althebräischen Schrift noch genauso aus wie sein phönizischer Vorfahre.
B-Herk-S-hebräisch-2.jpg B-Herk-S-hebräisch-1.jpg Mit der Zeit haben sich die hebräischen Buchstaben geändert. Es gibt zwei Buchstabenformen, vergleichbar mit unserer Druckschrift (hebräische Quadratschrift) und unserer Handschrift: Die hebräischen Quadratschrift (die Schrift der Buchdrucker) findest du die leicht veränderte Form des ägyptischen Backenzahns wieder. Der Buchstabe heißt sin und das bedeutet auch heute noch Zahn.
B-Herk-S-hebräisch-2a.jpg B-Herk-S-hebräisch-2b.jpg Auch die Aussprache hat sich geändert. Einerseits wird das Zeichen wie ein <sch> gesprochen (= schin) oder wie ein stimmloses [s] (= sin). Um bei den Schriftzeichen die korrekte Aussprache unterscheiden zu können wird entweder rechts (= schin) oder links (= sin) ein kleiner Punkt über den Buchstaben gesetzt.
B-Herk-S-hebräisch-1a.jpg B-Herk-S-hebräisch-1b.jpg

Arabisch

Unsere Schrift ist von den Buchstaben der Römer abgeleitet. Diese wiederum von den Griechen und die haben die Buchstaben von den Phöniziern übernommen. Die arabischen Schriften gehen ebenfalls auf die Phönizier zurück, auch wenn sie für uns sehr ungewöhnlich aussehen. Im Gegensatz zu unserer Buchstabenschrift sind die arabischen Schriften Silbenschriften. Es werden nur die Konsonanten geschrieben. Die Vokale werden durch Zusatzzeichen gekennzeichnet.
Da die arabischen Schriften auf den gleichen Ursprung (Phönizier) zurückgehen, werden dich die Form des Schriftzeichens für unser s kaum überraschen.

Wie in der hebräischen Schrift, so gibt es auch in den arabischen Schriften verschiedene Zeichen für die verschiedenen S-Laute.

B-Herk-S-arabisch-2.jpg Das stimmlosen [s], gesprochen wie in dem Wort Glas (sin)
B-Herk-S-arabisch-3.jpg Sind über dem Buchstaben noch drei kleine Pünktchen, dann heißt er schin. Die Aussprache entspricht unserem [sch].
B-Herk-S-arabisch-1.jpg Für das stimmhafte <s> (wie in Rose) gibt es auch ein Zeichen in der arabischen Schrift. Es heißt zain. Wenn du umdrehst rumdrehst, dann findest du wieder ähnliche Formen (allerdings eine andere Aussprache) in der griechischen und kyrillischen Schrift.

Kyrillisch

Wenn du die alten und die griechischen Zeichen für den Buchstaben s kennst, dann wird es dir auch nicht schwer fallen, diese Formen in der kyrillischen Schrift Russlands wiederzuerkennen. Für unsere verschiedenen s-Laute gibt es im russischen auch verschiedene Zeichen.
B-Herk-S-kyrillisch-2.jpg So schreibt man in Russland das stimmhafte s (wie in Rose oder See). Du wirst sofort den griechischen Buchstaben wiedererkennen, wenn du dich nicht daran störst, dass dieser spiegelbildlich geschrieben ist.
B-Herk-S-kyrillisch-1.jpg So wird das stimmlose s in Russland geschrieben. Der Buchstabe sieht nur so aus wie unser C. Die Geschichte ist jedoch eine andere. Schau dir noch einmal die griechischen Kleinbuchstaben an.
Genau! Es ist nur die obere Hälfte des griechischen Großbuchstabens.
B-Herk-S-kyrillisch-3.jpg In Russland gibt es ein Sonderzeichen für den Laut <sch>. Du wirst leicht erkennen, dass dieses Zeichen eine stark vereinfachte Form das alten ägyptischen Backenzahns ist.
B-Herk-S-kyrillisch-5.jpg Wenn an das Zeichen noch ein kleines Häkchen unten angebracht ward, dann spricht man schtsch.
B-Herk-S-kyrillisch-4.jpg Und so wird der Laut tsch in Russland geschrieben. Die Aramäer haben früher den Backenzahn auf ganz ähnliche Weise vereinfacht.

Wohin du auch schaust: In allen Schriften, die auf die Sinaischrift bzw. die Schriftzeichen der Phönizier zurück geführt werden können, kommt der ägyptische Zahn vor.



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