Ist dir schon aufgefallen, dass wir bei Tiernamen immer chs schreiben, wenn wir [ks] sprechen? Über die Schreibweise mit dem chs hat mein Rechtschreibteam schon oft diskutiert.
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Diskussion
Diskussion Teil 1
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Es gibt einige Wörter, bei denen sprechen wir <ks>, schreiben aber “chs”. Normalerweise schreiben wir für den Laut <ks> den Buchstaben “x”. Aber bei einigen Wörtern ist dies anders.
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Klar, dass Herr Schön und Frau Kurz sich schnell einig waren und das chs abschaffen wollten.
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„Das sieht wirklich nicht schön aus“, war wieder einmal der Standardsatz von Herrn Schön.
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Und Frau Kurz ergänzte: „Schließlich können wir es ja auch viel kürzer mit x schreiben. Warum also diese komischen Buchstaben?“
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Unterstützung bekamen sie von Frau Laut: „Wir haben doch schon den Buchstaben x, warum brauchen wir dann noch diese verrückte Buchstabenfolge? Sonst sprechen wir ch wie in Teich ganz weich oder wie in Bach eher hart. Und nun noch wie ein [k]. Das ist völlig überflüssig.“
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Ganz unrecht haben die drei da wohl nicht. Aber was wäre das für eine Diskussion, wenn nicht Herr Alt doch noch eine Erklärung fände? Und so war es dann auch bei diesem Problem:
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„Ja, das war aber nicht immer so. Früher wurde [k] am Wortanfang immer mit ch geschrieben. Heute kennen wir das nur noch aus Namen: Christof, Christine, Christian ...“
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„ ... und auch bei Fremdwörtern, wie beispielsweise bei Chlor, Chrom ...“
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„Ganz genau so ist es, weil die Römer früher c schrieben und [k] sprachen“, bestätigte Herr Alt. „Für unser hart gesprochenes ch (wei in Bach) schrieb man früher h.“
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Natürlich konnte sich Frau Kurz an dieser Stelle der Erklärung von Herrn Alt nicht zurückhalten: „Prima, das gefällt mir. Machen wir doch das ch einfach wieder kürzer und schreiben nur noch h. Das geht doch viel schneller.“
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„Einen Moment, nicht so schnell!“, bremste Frau Laut. „Dann könnten wir doch h und h nicht mehr auseinander halten.“
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„Und was hat das jetzt mit dem Dachs und dem Fuchs zu tun? Kommen diese Namen auch von den Römern?“, wollte Herr Satz wissen, der sich in den Diskussionen sonst meist zurückhält.
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„Ich glaube, das hat was mit dem Geschlecht der Tiere zu tun“, bemerkte nun Herr Wort, der ja sonst auch nie viel sagt.
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„Stimmt“, antwortete Herr Alt. Er holte ein dickes Buch und trug die Tiernamen in eine Tabelle ein. Daneben schrieb er dann die früheren Wörter und die Bedeutung.
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Tiere mit chs
Hier ist eine Übersicht über die Tiernamen, die mit chs geschrieben werden. Schaut euch einmal an, wie die Weiblichkeitsform der Tiere früher gebildet wurde:
Tiername
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ahd.
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mhd.
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weiblich
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Bedeutung
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Dachs
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dahs
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dahs
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dahe
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indisch: taksati = Zimmermann (wegen seiner kunstvollen Bauten)
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Eidechse
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egidehse
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eidehse
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s.u. Anmerkung
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Herkunft unklar; vielleicht: *agi = schlangeartig, dehse = spindelförmig
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Fuchs
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fuhs
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vuhs
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fohe, voha
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= buschiger Schwanz
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Lachs
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lahs
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lahs
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lahse
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lettisch: lase = Tupfen, Flecken
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Luchs
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luhs
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luhs
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luha
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funkelnde Augen < indoeuropäisch *leuk = leuchten, licht
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Ochse
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ohso
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ohse
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-
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griechisch hygrós = nass, befeuchtet, Zuchtbulle
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Bei den Römern konnte man am Wortende erkennen, ob es ein männliches oder ein weibliches Tier war. Bei männlichen Tieren schrieb man am Ende ein s und bei weiblichen ein a (oder auch ein e). Das h sprachen die Germanen als [ch], so wie in Bach. Versuch einmal, Dachs oder Fuchs mit einem solchen [ch] zu sprechen. Nun, das ist ganz schön schwierig. Kein Wunder also, dass dieses [ch] später nur noch als [k] gesprochen wurde.
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Später gab es noch drei Veränderungen:
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- Das h schrieb man mehr und mehr mit ch. So entstanden Fuchs (das männliche Tier) und Fucha (das weibliche Tier). Ebenso war es bei Dachs und Dache sowie bei Luchs und Lucha.
- Noch später benannte man die Tiere nur mit dem männlichen Namen. Man unterschied die Geschlechter nicht mehr durch verschiedene Namen. Das ist heute bei vielen Tieren immer noch so: Lachs, Eidechse, Luchs - hier gibt es keine Weiblichkeitsform.
- Im deutschen Sprachraum setzte sich noch später die Endung -in für die Weiblichkeitsform durch (Freundin, Ärztin, Bäuerin usw.). Diese Endung wurde nun auch bei einigen Tiernamen verwendet und damit entstand zum Beispiel die Füchsin.
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Es liegt also an der Endung s für das männliche Tier, dass wir in Tiernamen kein x finden. Denn ursprünglich war es [ch]+[s] und nicht [ks] wie in Hexe.
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Diskussion - Teil 2
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Lieber Herr Alt, das ist ja wirklich interessant. Wie war dass denn früher bei anderen Wörtern, die mit chs geschrieben werden, wie z. B. bei Achse, sechs, wachsen oder wechseln? Ganz so viele Wörter mit chs gibt es ja nicht.
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Bei den anderen Wörtern, die mit chs geschrieben werden, gibt es eine ähnliche Erklärung. Hier schrieb man früher meist nur ein h für den [ch]-Laut.
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Können Sie mir eine Wörterliste mit chs-Wörtern erstellen? Dann kann ich diese Wörter einmal nachschlagen.
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Nichts leichter als das!
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Herr Wort tippte auf seinem Computer und kurze Zeit darauf hatte er eine Liste mit allen Grundwörtern, die mit chs geschrieben werden. Hier sind die wichtigsten 13 Wörter:
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Achse, Achsel, Büchse, drechseln, Flachs, höchst, nächst, Sachsen, sechs, Wachs, wachsen (einschließlich Wuchs), wechseln, wichsen
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Und dann noch elf Wörter, die nicht so oft vorkommen:
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Buchs, Buchse, Deichsel, deichseln, flachsen, Flechse, luchsen, möglichst, Öchsle, tunlichst, Weichsel
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Nun suchte Herr Alt in seinen Büchern und im Computer. In der Zwischenzeit diskutierten die anderen im Rechtschreibteam weiter:
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Mehr Wörter sind das nicht? Nur nur 24 Wörter plus 6 Tiernamen, also 30 Wörter?
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Ganz genau! Allerdings sind das nicht alles Grundwörter. Das Wort höchst (Adverb) ist zum Beispiel vom Adjektiv hoch abgeleitet. Und das Wort nächst ist die Steigerungsform (Superlativ) vom Grundwort nah. Ähnlich ist es bei den Wörtern möglichst (möglich) undtunlichst (tun+lichst).
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Und jetzt kommt was ganz Spannendes: Aus diesen 32 Wörtern können rund 2.000 neue Wörter gebildet werden.
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Gerade wollte Herr Wort anfangen, die zweitausend Wörter aufzuzählen, da kam auch schon Herr Alt herein. Er hatte seine Suche abgeschlossen und präsentierte stolz eine neue Tabelle:
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Weitere Wörter mit chs
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Also: Ich habe einmal auf die Schnelle ein paar Wörter mit chs nachgeschlagen. Hier ist das Ergebnis:
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Wort
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ahd.
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mhd.
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Bedeutung
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Achse
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ahsa
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achse
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Drehpunkt (der „geschwungenen Arme“)
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Achsel
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ahsla
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ahsel
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Schultergelenk (altgerm.: „mit geschwungenen Armen“)
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Büchse
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buhsa
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bühse
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Dose aus Buchsbaumholz (wie ein Zylinder/Rohr geformt)
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drechseln
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dräsil
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drähseln
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drehen
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Flachs
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flahs
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vlahs
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flechten
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sechs
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sehs
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sehs
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lateinisch: sex; griechisch: hex
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Wachs
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wahs
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wahs
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Gewebe der Bienen = Wabe
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wachsen
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wahsen
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wahsen
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größer werden, zunehmen
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wechseln
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wehsal
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wehsel
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wenden, (aus)tauschen
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wichsen
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-
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-
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wächsen - mit Wachs bestreichen (seit dem 15. Jhd.)
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Es ist genauso, wie ich es vermutet habe. Für unser hart gesprochenes ch, (das ist der Laut [x], wie in Bach), schrieb man früher nur ein einfaches h.
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Schaut euch einmal in der Tabelle an, wie die althochdeutschen (ahd.) und mittelhochdeutschen (mhd.) Wörter geschrieben wurden. Da seht ihr bei fast allen Wörtern h und dann ein s. Sprecht einmal das Wort Bach und hängt dein s hinten an, also Bachs. Das ist ganz schön schwierig zu sprechen. Kein Wunder also, dass aus den Lauten [x] (ch) + [s] später die leichter zu sprechende Lautfolge [ks] wurde.
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Noch später wurde diese Aussprache auch in der Schreibung angepasst, so wie bei Dachs und Fuchs.
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Zum Glück sind das ja nicht viele Wörter.
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„Aber verrückt ist das trotzdem“, bemerkte Frau Kurz. „Das mag ja alles ganz schön und richtig sein, aber können wir das nicht einfach ändern? Können wir nicht alle Wörter mit x schreiben?“
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„Ich weiß nicht, ob das so klug wäre. Ich kenne jedenfalls kein Fremdwort, in dem die Buchstabenfolge chs vorkommt. Bei den meisten Wörtern wird die Lautfolge [ks] mit dem Buchstaben x verschriftet.
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Frau Kurz war damit natürlich nicht zufrieden. Herr Wort will einmal prüfen, wie viele deutsche Wörter mit x geschrieben werden. Das Ergebnis findest du hier.
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Anmerkung:
Die Eidechse ist ein Beispiel dafür, dass es früher nicht für alle Tiere zwei Namen (männlich und weiblich) gab. Folgt man der Auffassung, dass die Eidechse zusammengesetzt ist aus die Schlange und die Spindel gilt auch für die Zusammensetzung das weibliche grammatische Geschlecht. In groben Zügen gilt: je größer oder bedeutender ein Tier (für den Menschen) war/ist, desto eher haben sich zwei Namen (männlich und weiblich) erhalten. Sehr häufig stimmt das grammatische Geschlecht nicht mit dem natürlichen Geschlecht überein. Dies gilt insbesondere bei zusammengesetzten Namen.
Mehr Informationen du auf der Seite Das grammatische Geschlecht der Nomen
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Quellen Wörter